Freie Presse titelte „Endgültiges aus für die Bahnhofsbahn?“

 

Stadtrat Tristan Drechsel nimmt Bezug auf einen Artikel in der Freien Presse am 11.9.2023 mit der Überschrift „Endgültiges aus für die Bahnhofsbahn?“ In diesem Artikel würden Zahlen genannt und Zusammenhänge hergestellt, welche ihm in dieser Form nicht bekannt seien.
Er bittet die Verwaltung um einen Faktencheck, Sachstandsbericht und eine Auswirkungsanalyse, sollte es zu einem Beschluss in der Sache kommen.
Oberbürgermeisterin Constance Arndt antwortet dazu:

Sehr geehrter Herr Stadtrat Drechsel,
in dem von Ihnen angesprochenen Artikel vom 11.09.2023 „Endgültiges aus für die Bahnhofsbahn?“ wurden Einzelmeinungen von Stadträten wiedergegeben, Teilinformationen zu geplanten Maßnahmen der Stadt sowie der Städtischen Verkehrsbetriebe Zwickau GmbH (SVZ) miteinander verbunden und dabei Fakten verkürzt bzw. missverständlich wiedergegeben.
Hierzu wurde am 19.09.2023 ein weiterer Artikel „Stadt kämpft um ihre Straßenbahn“ mit Richtigstellungen der Baubürgermeisterin zu einzelnen Themen in der Freien Presse veröffentlicht.
Für den Leser konnte der Eindruck entstehen, dass mit dem Projekt der Umgestaltung des Bahnhofsvorplatzes, dem Bau der Innenstadttangente und der Querspange der Straßenbahn zur Werdauer Straße ein Verkehrsbauvorhaben geplant wird, das weder zukunftsorientiert noch wirtschaftlich und damit nicht finanzierbar ist. Von dieser Kernaussage distanziert sich die Stadtverwaltung ausdrücklich. Die Stadtverwaltung und alle beteiligten Partner der Projekte verfolgen ausdrücklich Zukunftsorientierung, Wirtschaftlichkeit und natürlich positive gesamtstädtische Effekte. Grundlage bilden dafür selbstverständlich die Beschlüsse des Stadtrates zum Vorhaben.
Sachstandsbericht:
Grundlage der Infrastrukturmaßnahmen ist neben den Zielstellungen des Integrierten Stadtentwicklungskonzeptes INSEK 2030, des Verkehrsentwicklungsplans 2025, des ÖPNV-Konzepts der Stadt Zwickau und die damit verbundenen Studien und weiterführenden Konzeptionen insbesondere der getroffene Grundsatzbeschluss mit der Vorlagennummer BV/063/2016 sowie die vorhergehenden und weiteren Beschlüsse des Stadtrates und seiner Gremien, u. a. BV/069/2015, BV/206/2018, BV/175/2020.
Die bestehenden Erkenntnisse aus den in den vergangenen Jahren entwickelten Leitbildern sollen in eine entsprechend zukunftsfähige Entwicklung der Verkehrsinfrastruktur der Stadt
Zwickau überführt werden. Dies beinhaltet – unter anderem mit dem Bau der Innenstadt-
tangente und der damit erzielbaren Verbesserung und Optimierung des Straßennetz-kon-
zeptes – die verkehrliche Entlastung der Innenstadt.
Aus dem ÖPNV-Konzept kommt die empfohlene Umstrukturierung des städtischen ÖPNV-
Netzes für ein effizienteres System hinzu.
Mit der Querspange der Straßenbahn soll insbesondere ein wirtschaftlicheres und für den
Bürger besser (be-)greifbares und erlebbares 2-Linien-Netz geschaffen werden. Die Ef-
fekte, dass der Hauptbahnhof wieder an das Straßenbahnnetz angebunden wird und gleich-
zeitig Fahrzeuge sowie Personal der Straßenbahn eingespart werden und ein durchaus ef-
fizientes Netz entstehen kann, welches seit vielen Jahren immer wieder planerischen Über-
prüfungen unterliegt, wird leider in dem Beitrag vom 11.09.2023 nicht herausgearbeitet.
Eine gesamtheitliche Nutzen-Kosten-Untersuchung hat aber genau diese Effekte positiv
herausgestellt und damit deutlich gemacht, welchen Mehrwert die Querspange für den
städtischen ÖPNV liefert. Diese lief unter der Zielstellung des Nachweises der volkswirt-
schaftlichen Sinnhaftigkeit der Infrastrukturmaßnahmen.
Um eine tragbare Finanzierung für die durch die Leitbilder und dem Stadtratsbeschluss
(BV/06/2016) definierten Vorhaben aufzustellen, wurden mehrere Förderszenarien durch
die Stadtverwaltung geprüft. Dabei stach insbesondere das Programm aus dem Gemein-
deverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) – „Gesetz über Finanzhilfen des Bundes zur Ver-
besserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden“ heraus.
Der Fördermittelsatz im GVFG-Bundesprogramm beträgt insgesamt 85 % durch Bund
(75%) und Land (10%) auf die zuwendungsfähigen Kosten. Die Planungskostenförderung
in dem Programm beinhaltet eine Pauschale in Höhe von maximal 10 % der zuwendungs-
fähigen Kosten. Über das GVFG werden ausschließlich Investitionen für den schienenge-
bundenen öffentlichen Personennahverkehr gefördert.
Die hohe Förderung ist nur bei Neu- und Ausbauvorhaben möglich und bedingt einen
Schwellenwert, welchen eine Investition von mindestens 30 Mio. EUR für die Gesamtvor-
haben übersteigt. Daher ist eine Bündelung einzelner Maßnahmen notwendig geworden.
Aus diesem Grunde beinhaltet das fortgeschriebene Investitionspaket zu den Komplex-
maßnahmen in Zwickau bis 2030, welches den Stadträten in nicht öffentlichen Sitzungen
am 06.06.2023 und 09.10.2023 vorgestellt wurde, für den Förderrahmenantrag insgesamt
fünf Infrastrukturmaßnahmen:
1. Innenstadttangente zwischen Werdauer Straße und Reichenbacher Straße – Quer-
span-ge Straßenbahn zwischen Werdauer Straße und Bahnhofstraße – Bahnhofs-
vorplatz (sog. Komplexmaßnahme Zwickau „KMZ – IQB“);
2. Leipziger Straße einschließlich Knoten und Haltestellen Neumarkt (Teilabschnitte
Pölbitz bis Neumarkt);
3. Neumarkt – Georgenplatz – Zentralhaltestelle (Maßnahme der SVZ);
4. Gleichrichterunterwerke 4a+4b (Maßnahme der SVZ);
5. Fritscheplatz / Paulusstraße (Maßnahme der SVZ);
Die voraussichtlichen Baukosten der Komplexmaßnahmen belaufen sich in Summe auf ge-
schätzt ca. 64 Mio. EUR zuzüglich entstehender Planungskosten und nicht zuwendungs-
fähiger Leistungen. Bei den Kostenschätzungen handelt es sich um Nettobeträge.
Bei einem Großteil der Maßnahmen müssten bis Ende des Jahrzehntes auch seitens der
Ver- und Entsorgungsträgern bzw. der Stadt Zwickau die jeweils vorhandenen Anlagen
unabhängig des genannten Förderprogrammes modernisiert werden.
Auswirkungen:
Bei Wegfall der Querspange wäre eine wesentliche Fördervoraussetzung – positiver Ko-
sten-nutzen-Index >1 – nicht mehr erfüllt, sodass der Fördersatz von 85% nicht erzielt
werden kann.
Grundlegende Voraussetzung zur Erfüllung des positiven Nutzen-Kosten-Index bildet ge-
rade die Umsetzung der Querspange vom Hauptbahnhof bis Werdauer Straße. Ein unab-
hängiger Gutachter hat diesen Index für Zwickau auf 1,2 ermittelt.
Die bisherigen Vorgespräche mit dem Fördermittelgeber verliefen sehr positiv. Die Erfolgs-
chancen zur Aufnahme in das Fördermittelprogramm des GVFG wurden zuversichtlich
signalisiert.
Schließlich können mit der Verbesserung der Bedingungen für den ÖPNV und den motori-
sierten Individualverkehr (MIV) auch stadtgestalterisch wesentliche Akzente neu gesetzt
und bedeutende städtebauliche Mangelzustände beseitigt werden. Zugleich können not-
wendige Straßenbauarbeiten, welche durch die Straßenbahnschienen wesentlich beein-
flusst werden, besser finanziert werden. Im Rahmen der Komplexmaßnahmen können so-
mit für alle Beteiligten Mitteleinsparungen erzielt und wechselseitige Synergien insbeson-
dere in der Finanzierung und Projektsteuerung effizient genutzt werden.
Mit freundlichen Grüßen
Silvia Queck-Hänel