Straßenerhaltung – von Notlösungen und Konzepten
Wir wurden zur Straßensituation in Zwickau befragt. Der Presseartikel dazu beinhaltet nur wenige Worte aus unserer Antwort, die wir deshalb hier ausführlich darstellen:
Sehr geehrter Herr Pöhland, das Thema der Verkehrswege gehört zu den Themen, die mir ein besonderes Anliegen sind. Das Thema ist sehr komplex, insofern beantworte ich Ihre Fragen entsprechend umfangreich und hänge an diese Beantwortung 8(1,2,3,4,5,6,7,8) Dateien zur Kenntnisnahme an. Ihre Feststellung, dass verschiedene Stadträte immer wieder monieren, dass die Straßen in Zwickau in einem schlechten Zustand seien, halte ich für eine zu pauschale Einschätzung. Richtig ist, dass wir viele Herausforderungen im Hauptstraßennetz wie im Nebenstraßennetz haben.
Setzt die Stadtverwaltung Ihrer Ansicht nach die richtigen Prioritäten?
Diese Frage werde ich am Ende beantworten.
Falls nicht: Welche Straßen gehören zusätzlich auf die Liste?
Die Liste unterliegt einer gewissen Dynamik. Soweit ich das abgleichen konnte, sind die Ihnen zur Kenntnis gebrachten Informationen nicht ganz deckungsgleich mit denen, die den Stadträten nichtöffentlich zugänglich sind. Deshalb ist eine Positionierung zu der Fragestellung nicht möglich.
Welche Maßnahmen sollten später oder gar nicht umgesetzt werden?
Eine zeitgemäße und vor allem intakte Verkehrsinfrastruktur sind ein Schlüssel für die Attraktivität einer Stadt als Wohn- und Wirtschaftsstandort, somit stellt sich die Frage nicht. Einfach das machen, was möglich ist.
Inwieweit wurde die Tabelle mit dem Stadtrat abgestimmt? Hatte der Stadtrat Ihrer Ansicht nach ein ausreichendes Mitspracherecht?
Abgestimmt wurden/werden die Maßnahmen im Vorfeld mit dem Stadtrat nicht, allerdings sind Inhalte von Tabellen den Stadträten zum internen Gebrauch als Information zugänglich. Der Stadtrat / Fachausschuss ist einbezogen, im Zuge der Haushaltsplanungen oder wenn Vorlagen zur Planung oder Ausführung innerhalb der Wertgrenzen der Hauptsatzung zur Abstimmung stehen. Bis dahin liegen die vorbereitenden Entscheidungen bei den zuständigen Fachleuten in der Verwaltung.
Gibt es aus Ihrer Sicht eine Möglichkeit, wie der Investitionsstau auf den Straßen in Zeiten von knapper Kassen schneller abgebaut werden könnte?
Eine Kommune wie Zwickau, mit rund 370 km Verkehrswegen, welche in der Benutzung aller Verkehrsteilnehmer liegt, kann diese aus eigenen Mitteln weder erhalten, geschweige denn grundhaft erneuern. Über notwendige Neubauvorhaben brauchen wir gar nicht erst nachzudenken. Wenn das Land und der Bund seiner Verantwortung nicht gerecht werden, indem entsprechende Mittel bereit gestellt werden, müssen wir froh sein über das was noch in der Tabelle steht. Fazit: Ich sehe keine Möglichkeiten, den zunehmenden Investitionsstau zu beseitigen. Es sind die Bundes- und Landtagsabgeordneten sowie die zuständigen Ministerien gefordert mitzuhelfen, gerade bei einem Oberzentrum wie Zwickau. Um zu Ihrer Eingangsfrage zurückzukommen: „Setzt die Stadtverwaltung Ihrer Ansicht nach die richtigen Prioritäten?“ – Eine interessante Fragestellung, allerdings in einem anderen Zusammenhang. Vor dem Hintergrund, dass nicht genug investiert werden kann wie notwendig ist, weil weder entsprechende Haushaltsmittel noch notwendige Förderungen zur Verfügung stehen, muss aus meiner Sicht die bauliche Erhaltung oberste Priorität haben, ebenso wie die konsequente Überwachung und Kontrolle von Arbeiten an unseren Verkehrswegen. Da ist mein Eindruck, dass dabei Optimierungsbedarf besteht. Mit der überarbeiteten Richtlinie für Aufgrabungen in der Stadt Zwickau RAZ18 ist ein wichtiger Schritt gemacht worden. Wir müssen mehr tun als die reine Verkehrssicherung, wie sie zur Zeit nach den Winterschäden stattfindet, um die Substanz nicht dramatisch weiter verfallen zu lassen. Seit Jahren werde ich nicht müde, darauf hinzuweisen. Ich muss von meinem Blickwinkel her feststellen, dass der Fokus nach wie vor nicht auf einer vorbeugenden baulichen Erhaltung zu liegen scheint. Diese muss nicht immer darin bestehen, großflächig Schichten zu erneuern, sondern kann auch durch Instandsetzung von Fugen und kleinen Schäden erfolgen. Nur am Rande sei erwähnt, das grundhafte Instandsetzungen bisher immer in exklusiver Weise ausgeführt werden, was nicht schlecht ist, allerdings verschlingt das auch viel Geld und hat mitunter auch entsprechende Folgekosten. Als ein Beispiel ist die Frühlingstraße in Weißenborn zu nennen, wo ich mich natürlich frage: „Müssen in einer grünen Wohngegend unbedingt zusätzliche Bäume in die Straße gepflanzt und damit sogar benötigte Parkmöglichkeiten eingeschränkt werden?“ Natürlich ist es eine Herausforderung für das Fachamt, die richtige Balance zwischen grundhafter Erneuerung und baulicher Erhaltung zu finden, zumal die Abhängigkeiten von Fördermitteln und von Haushaltsmitteln im Ergebnishaushalt bestehen. Die vom Stadtrat 2017 veranlasste Finanzspritze von 500.000 € ist derzeit nicht möglich, wäre aber aus meiner Sicht dringend nötig. Damit bin ich bei politischen Fragestellung „Prioritäten“, woraus folgt, wo soll das Geld herkommen? Auf was will man verzichten, um für unsere Verkehrswege mehr zu tun? Momentan bewegen wir uns nur im Rahmen, der im Haushalt gesetzten Möglichkeiten. Bei allen Forderungen oder Wünschen sehe ich den künftigen Beratungen im Rat mit Spannung entgegen.
Freundliche Grüße, Tristan Drechsel